In einem Seminar unter dem Titel "Destruktion,
Sabotage, Streik" stellt Justin Hoffmann verschiedene Tendenzen und
Arbeitsansätze aus den letzten 30 Jahren Kunstgeschichte vor, in welche
auf die eine und andere Art die Motive Zerstörung und Widerstand auftauchen.
Durch die Aufgliederung in die drei Bereich Destruktionskunst, Sabotage
und Kunstaktionen versucht er die unterschiedlichen Ansätze und Strategien
in der Verwendung von Destruktion aufzuzeigen. Das Spektrum reicht von
ästhetischem Interesse an zerstörten Oberflächen und Strukturen
bis zu politisch engagierten Aktionen gegen reale Gegebenheiten. Diese
etwas liberalistische Sicht ist insofern problematisch, als dass es eine
klassische kunsthistorische Herangehensweise ist, welche bestimmte Phänomene
- z.B. Destruktion - generalisiert und als feste Kategorie einsetzt. Viele
der gezeigten Arbeiten und KünstlerInnen sind auch aus traditionellen
Zusammenhängen bekannt. |
Under the title destruction, sabotage, strike, Justin Hoffmann introduces different tendencies and approaches of the past 30 years of art history in which motives of destruction and resistance appear in one way or another. Through this tri-part division, he attempts to show different approaches and strategies of destruction. The spectrum reaches from aesthetic interest in degraded surfaces and structures to politically motivated actions against the status quo. This somewhat liberal view is problematic insofar as it is a classic art historical approach that generalizes certain phenomena (for example destruction) and uses confined categories. Many of the works and artists exhibited here well known to the canon. | |
Innerhalb der Logik eines ständig innovativen
Potentials, welches der Kunst zugesprochen wird, erhält die Geste
der Auflösung und Zerstörung, etwa die Zerstörung "alter"
Vorstellungen und der Kampf gegen "überholte" Strukturen
eine zentrale Bedeutungen. Während die sozusagen internen Attacken
gegen die eigenen (gestalterischen und rezeptorischen) Konventionen mit
einer Art symbolischem Einsatz von Gewalt, z.B. durch die Zerstörung
von Leinwand und Farboberfläche oder durch die Verbrennung von Werken
bzw. die Konstruktion sich selbst zerstörender Werke geführt
wird, erhält der destruktive Akt im Rahmen von öffentlichen Aktionen
als Attacke gegen Konventionen der Gesellschaft selber eine symbolische
Bedeutung und den Status einer künstlerischen Leistung. |
Within the logic of a continuously innovative potential attributed to art, the gesture of dissolvement and destruction (for example the destruction of old concepts and passed structures) take on a central meaning. While the so-called internal attacks against its own conventions are lead with a kind of symbolic use of violence (for example by the destruction of canvas and color surface or by burning of works, or by the construction of self-destroying works), the destructive act takes on a symbolic meaning. | |
Speziell vorgestellt wurden die zu verschiedenen
Zeitpunkten ausgerufenen Kunststreiks
als eine Form der Verweigerung, welche sich gegen das gut funktionierende,
eigenen Gesetzmässikgeiten gehorchende Kunstsystem gerichtet ist.
So hat z.B. Gustav Metzger den Kunststreik von 1987 - 1990 mit einem Manifest
ausgerufen. Er hat ausgerechnet, dass Kunsthallen, Galerienbetriebe und
Zeitschriften nach ca. 3 Jahren ohne neues Material zusammenbrechen werden.
Natürlich bleiben diese Annahmen Spekulation, weil kaum ein Bereich
so individualisiert, privatisiert und von lauter Einzelpositionen geprägt
ist, wie die Kunst, und daher die Parallelen mit der Arbeiterschaft nicht
hergestellt werden können. Das Konzept des Kunststreiks deckt dafür
umso deutlicher auf, wie sehr der Mythos einer eigenständigen, individualistischen
und unabhängigen künstlerischen Produktion dazu dient, die realen
Verhältnisse und Abhängigkeiten zu vertuschen. |
The art strikes which were called for at different points in time were introduced as a refusal directed at the smooth functioning of the system of the art market. Gustav Metzger called for an art strike with a manifesto from 1987-1990. According to his calculations, art exhibitions, galleries, and art journals would break down after three years of not getting new materials. These expectations remained, of course, speculations because rarely is a field so individualized, privatized, and characterized by singular positions as in the art scene and it is difficult to draw parallels to the working conditions. The concept of an art strike shows, however, how the myth of an independent and individualized artistic production serves to cover up real relationships and dependencies. | |
Der folgende kurze Hinweis galt einem Projekt
von Martine Anderfuhren, Pauline Boudry und Anne-Julie Raccoursier, welche
im Rahmen von Sous-sol eine Ausstellung über Kuratorinnen organisierten.
Sous-sol nennt sich die von Julie Ault (Group Material) in Genf geführte
Klasse an der École des Art visuelles. Die sonst den besten EinzelkünstlerInnen
des Jahrganges vorbehaltene Abschlussausstellung wurde von der diesjährig
verantwortlichen Klasse umgedeutet und die Gelegenheit wurde benutzt, um
ein in Genf kaum repräsentiertes Thema prominent stark zu machen:
Unter dem Titel "environ 27 ans (peut-être un peu plus)"
werden 8 Frauen vorgestellt, welche als Künstlerinnen und Kuratorinnen
eigenständige Positionen in einer engagierten künstlerischen
Praxis einnehmen. Die Ausstellung fand im Palais de l'Athénée
statt und dauerte vom 21.2. - 22.3.1997. Zentraler Beitrag zum Projekt
bilden Interviews mit den vorgestellten Künstlerinnen. Die Interviews
können auch im Katalog nachgelesen werden, welcher als Dokumentation
zum Projekt erscheint. |
The following concerns a project by Martine Anderfuhren, Pauline Boudry, and Ann-Julie Raccoursier, who together organized an exhibition on women curators with Sous-sol. Sous-sol is the name of Julie Ault¹s (Group Material) class at the Ecole des Art Visuelles in Geneva. The final exhibition of the graduates took as its title Eenviron 27 Ans (peut-etre un peu plus) and dealt with a theme which they wanted to propagate in Geneva. In this exhibition, eight women who work as artists and curators in independent positions and in politically engaged practices were introduced. The exhibition took place at the Palais de l¹Athenee from 21.2.-22.3.97. The main part of this project consisted of the artists¹ and curators¹ interviews which were also reproduced in a catalogue. | |
Die geplante Diskussion über TV net fand
nicht statt. TV net ist eine Art überregionales Lokal Fernsehen. Nachrichten
aus verschiedenen Städten werden per Videokasette ausgetauscht und
an semi-öffentlichen Orten wie Bars, Clubs und Kombiramas aufgeführt.
Um Weihnachten hat eine erste Testrunde stattgefunden. In Berlin, Wien
und Zürich wurden Bänder produziert, in Köln hielt man sich
vornehm zurück und in München und Hamburg haben technische Schwierigkeiten...
Die drei entstandenen Bänder wurden denn auch gebührend kritisiert.
Das Ausgangskonzept war, dass jede Form von "Nachricht" auch
unspektakulär und unprofessionell aufgemachte, vorerst Platz hat auf
dem Tape. Gleichzeitig ist natürlich schon eine Vorstellung da von
einer Gegenöffentlichkeit und vom Ideal "andere Nachrichten".
Die meisten der hier Anwesenden hatten die Bänder schon ein oder mehrere
male gesehen und die Motivation daher entsprechend klein sich nochmals
hinzusetzen. |
The planned discussion on TV net did not take
place. TV net is a kind of over-regional TV station. News from different
cities are exchanged via video tapes and shown at semi-public places like
bars, clubs, and Kombirama. A first pre-screening took place around Christmas.
Videos were produced in Berlin, Vienna and Zurich. In Kóln people
were hesitant and in Munich and Hamburg people had technical difficulties.
The starting idea was that each form of news ‹even non-spectacular and unprofessional contributions ‹ should find a place on the tape. At the same time there was the idea to represent an ³anti-public² and the ideal of ³different news². Most people here have seen these tapes and did not want to discuss them further. |
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Vänci Stirnemann und Guido Dietrich berichteten
vor dem Nachtessen über ihre Arbeit als Performance-Gruppe. Die unter
dem Name pseudo durch und durch agierende Gruppe arbeitet in wechselnden
Zusammensetzung und in einem internationalen Netzwerk von PerformerInnen.
Die Treffen werden "Wouou", das Wort stammt von kanadischen Indianer,
im Zentrum stehen soziale Prozesse, persönlicher Austausch, Reflexion
der Gruppendynamik. Performances im Sinne einer speziellen Inszenierung
zu einem bestimmten Zeitpunkt entstehen dabei nicht, Rituale, wie sie etwa
zum Abschluss eines Treffens aufgeführt werden, können jedoch
durchaus auch als Performance gelesen werden. In ihrem Statement haben
sich pseudo durch und durch mehrmals gegen jede Form von Produktion und
Herstellung von Kunstwerken ausgesprochen, dafür wurde eine Art Sozialfundamentalismus
propagiert, wo Bedeutungen einzig in der kontinuierlichen sozialen Interaktion
und in der Begegnung angenommen werden. So wurde das Gespräch im Kombirama
selber zu so einem sinnstiftenden Moment erklärt und durch fragen
wie "was wollt ihr eigentlich von diesem Moment" umgedreht. Eine
Diskussion kam nicht zustande, dafür umsomehr Befremden auf. |
During dinner Vaenci Stirnemann and Guido Dietrich report about their work as a performance group. This group with the name pseudo, work with different members and with an international network of performers. The sessions/meetings are called wouou-‹a word which stems from a Canadian Indian language. Social processes, personal exchange, and reflections on group dynamic are the main interests of this group, performances (in the sense of a special performance at a certain point in time) do not take place; however, rituals at the end of a meeting can be interpreted as a performance. In their statement pseudo expressed their rejection of the production of art works and propagated a kind of social fundamentalism where meaning is accepted only through continuous social interactions and meetings. The talk at the Kombirama was declared as a meaningful moment in time, but some questions were raised, such as what do you expect from this moment? A discussion however did not take place‹people were rather startled. | |
Offensichtlich nimmt die auf die eigenen soziale
Prozesse konzentrierte Gruppe kombiniert mit einer eher fundamentalistischen
Philosophie über die Authentizität der Begegnung, wie sie geäussert
wurde, durchaus sektenhafte Züge an. Die so gebildete Konstruktion
wird gegen äussere Kritik immun und entwickelt eine ziemlich ausschliessende
Arroganz gegenüber den noch nicht "eingeweihten" Kreisen.
Pseudo durch und durch zeigten später noch eine Diaschau mit mikroskopischen
Aufnahmen von biologischem Material und Körperteilen, welche sie als
Meditation verstanden haben wollten. Die damit angesprochene Kategorie
von authentischer Natur passt genauso wie die Idee der wahren, sozialen
Interaktion definitiv nicht mehr in den aktuellen Diskurs über gesellschaftlich
engagierte künstlerische Praxis. |
Obviously, social processes that become fixated
on one group combined with a rather fundamentalist philosophy of the authenticity
of the rencontre, mimic sect-like features. Such a construction shelters
itself from critique and develops an arrogance towards those who are not
members of this group/sect yet.
Pseudo showed some slides of microscopic shots of biological material and body parts and they wanted to make these understood as meditation. However, such a category of an authentic nature as well as the idea of a true social interaction does definitely not fit into the present discourse of an engaged practice in society. |
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Globe ist eine
Projektgruppe in Kopenhagen von KünstlerInnen und TheoretikerInnen,
welche sich zum ziel gesetzt hat, neue Diskursmethoden für die Präsentation
und die gesellschaftliche Funktion von Kunst zu entwickeln. Simon Sheikh
von Globe stellte kurz das im letzten Herbst erschienene Buch Compartments
vor, eine Sammlung von "group material" europäischer Aktions-
und KünstlerInnengruppen. Die darin vertretenen Gruppen sind u.a.
All Girls, ampcom, Bank, Bricks&Kicks, City Racing, Minimal Club, Transmission,
W139, Saga Basement, Purple Prose und Name Diffusion. Das Buch entstand
im Rahmen der Kulturhaupstadt Europas Aktionen in Kopenhagen, als ein Versuch,
ein anderer Kulturbegriff zu repräsentieren und andere als traditionelle
Strukturen im Feld der künstlerischen Praxis sichtbar zu machen. Die
einzelnen Beiträge wurden von den eingeladenen Gruppen selber gestaltet. |
Globe is a project group of artists and art theorists
in Copenhagen which aims to develop new methods of presenting and critiquing
the functioning of art in society.
Simon Sheikh of Globe introduces the book entitled Compartments which was published last fall. It is a collection of group materials of European groups of activists and artists. Among them are All Girls, Ampcom, Bank, Bricks&Kicks, City Racing, Minimal Club, Transmission, W139, Saga Basement, Purple Prose and Name Diffusion. The book is an attempt to represent another cultural term and to make structures other than the traditional ones, in the field of artistic practice visible. |
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urban motion stellte zum Abschluss mit grossem
technischen Aufwand ein Projekt vor, wo eine Gruppe von Architekten auf
dem Internet ein gemeinsames, virtuelles Atelier betreiben. Neben den je
persönlichen Sites, wo jeder/jede ihre aktuellen Arbeiten präsentieren
können, gibt es Konferenzstrukturen wo online-Besprechungen stattfinden.
Im Zentrum steht natürlich die Frage, wie sich der Informationsaustausch
innerhalb von Interessens- oder Projektgruppen auch ortsunabhängig
kreativ gestalten lässt und inwiefern dabei das neue Medium sein vielbeschworenes
Versprechen einhalten kann. Die Arbeit der Gruppe kann über Internet
von aussen jederzeit weiter verfolgt werden. Da ist der Link. |
Urban motion introduced an (expensive) project
in which a group of architects work in a virtual studio on the internet.
Each architect had his/her personal sites where their actual work was presented
and there were also on-line discussions.
A significant question is how the information exchange within interest and project groups can be creatively constructed and how the new medium can keep its promise. |