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Und plötzlich China! Das Setting "Schweiz" im globalisierten Tourismus Ein Forschungsprojekt des Institut für Theorie der Gestaltung und Kunst ith der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK in Kooperation mit dem Institut für Öffentliche Dienstleistungen und Tourismus IDT-HSG St. Gallen und dem Institut Design2context ZHdK. 2006/2007 Die Schweiz als Tourismusdestination verfügt über eine lange Geschichte der Neuerfindung und Neuausrichtung. Wechselnde Touristensegmente (z.B. aus England, Deutschland, Holland, Amerika, Japan, Indien und Russland) haben in den aktuellen touristischen Motiven, den verschiedenen Destinationen und angebotenen Attraktionen, der Architektur und im Schweizerischen Selbstbild Spuren hinterlassen. Die Entwicklung der Schweiz ist - wie keine andere Geschichte eines Landes in Europa - auf politischer, ideologischer, wirtschaftlicher und industiegeschichtlicher Ebene eng mit der Entwicklung des alpinen Tourismus verbunden. Wichtige Schlüsselbranchen wie die Banken und die Maschinenindustrie haben Wurzeln im Erschliessungs- und Reiseboom der Belle Epoque und der Tourismus stellt bis heute ein bedeutender Wirtschaftszweig dar. Die Erfahrungen im und mit dem Tourismus bilden demnach einen wenig erschlossenen, wertvollen Fundus an interkulturellen Motiven, Bildern und Erfahrungen. Im Zentrum der Untersuchung standen denn auch die Imaginationen und Bilder, die unterschiedliche Zielgruppen mit “Schweiz” und einzelnen ausgewählten Schweizer Destinationen in Verbindung bringen. Dabei interessierte uns in einer interkulturellen Perspektive insbesondere, wie sich der durch die wechselnde Herkunft von Touristen (z.B. England, Holland, Deutschland, Amerika, Japan, Indien, Russland, China) jeweils neue "fremde" Blick in den zirkulierenden Bildern widerspiegelt und wie es immer wieder gelingt, die Sehnsucht nach der Schweiz zu wecken und welche Akteure darin eine Rolle spielen. Die Untersuchung zeigt, dass Tourismusdestinationen als kulturelle Settings oder kulturelle Ensembles verstanden werden können, die durch historische und aktuelle Imaginationen der beteiligten Akteure geprägt sind und laufend weiter überarbeitet werden. Unter Akteuren verstehen wir sowohl Personen, wie etwa Hoteliers oder Gruppen von Reisenden, als auch politische Gremien und Interessensverbände, etwas lokale Tourismusorganisationen oder Bahngesellschaften, die an der Produktion, Konsumption und Interpretation des spezifischen kulturellen Settings beteiligt sind. Das kulturelle Setting oder kulturelle Ensemble bildet so auch zugleich den Rahmen, innerhalb dem unterschiedliche Akteure handeln und Akteurskonstellationen werden so zum Schlüssel für das Verständnis der Entwicklung von kulturellen Eigenheiten einer touristischen Destination. Das Image oder der Ruf einer Destination gündet demnach auf einer Vielzahl von exeptionellen Ereignissen und oft auch zufälligen und widersprüchlichen Begebenheiten zu denen Reisende und lokale Akteure gleichermassen beitragen (können). Das Image einer Destination kann in dem Sinne von Marketing-Verantwortlichen und Werbefachleuten nur in Nuancen modifiziert und nie kontrolliert werden. Im Kontext der Globalisierung werden kulturelle Settings für unterschiedlichste Zielgruppen zu Anknüpfungspunkten eigener Begehern, Wünsche und Erfahrungen und erhalten so oft unvorhersehbare kulturelle und soziale Bedeutungen. Die globale Vermarktung von Images im Tourismus schafft so nicht Einheitlichkeit sondern begünstigt Ausdifferenzierungs-Effekte. Touristische Bilder kommen in unterschiedlichen kulturellen Kontexten und gesellschaftlichen Millieus überall ein wenig anders an, werden unterschiedlich interpretiert und den eigenen Begehren und Imaginationen angepasst. Den lokalen Akteuren bleibt aber angesichts der Vielfalt von Erwartungen und Begehren oft nichts anderes übrig, als den kleinsten gemeinsamen Nenner, ein abstrakt gewordenes Produkt, eine Marke zu verkaufen. Sie schränken dadurch ihren Spielraum, Bedeutungen und Image einer Destination wesentlich mitzubestimmen, erheblich ein. Dafür scheint sich das kulturelle Setting einer Destination als scheinbar fixer Bezugsrahmen unterschiedlicher Interessen und Imaginationen immer stärker durchzusetzten. Touristen aus China so hoffen viele Tourismusdestinationen stellen in Zukunft ein schnell wachsendes wirtschaftliches Potential dar. Die Ausrichtung auf diese neue Zielgruppe ist für die einzelnen Anbieter jedoch mit vielen Unsicherheiten und Risiken verbunden. Bestehende Merkblätter oder Ratgeber können dazu oft nur sehr allgemeine Hilfestellungen bieten und für eine individuell vertiefende Auseinandersetzung fehlen in der Praxis häufig sowohl die nötigen Ressourcen als auch die Zeit. Im Projekt wurde untersucht, welche spezifischen Erfahrungen und welches Wissen aus welchen Feldern für die vielerorts anstehende Frage der Neuausrichtung von Angeboten und Destinationen auf den chinesischen Markt hilfreich sein könnten, welches die zentralen gegenseitigen Imaginationen und kulturellen Projektionen zwischen China und der Schweiz sind, was Schweizer Anbieter sich von China erhoffen und was Touristen aus China von der Schweiz erwarten. Was verbinden Gäste aus China mit dem kulturellen Setting „Schweiz“? Welches sind die beliebtesten Motive und Sehenswürdigkeiten und was könnte in Zukunft Anlass sein, die Schweiz wiederholt zu besuchen oder auch mal länger hier zu bleiben? Die Schweiz ist auch für die Gäste aus China weniger als ein reales Land von Interesse. vielmehr fasziniert die Imagination eines Ortes des Friedens, der politischen Stabilität und der sozialen Sicherheit. „Schweiz“ wirkt wie eine Zukunftsvision eines Lebens im Wohlstand, mit (im Vergleich zu China) wenig Hektik und einer hohen Lebensqualität. Dazu trägt auch der Eindruck bei, den ein perfektionierter öffentlicher Verkehr und die sauber und natürlich wirkende Umwelt hinterlässt. „Schweiz“ einmal gesehen zu haben, in der Schweiz Uhren gekauft zu haben, wird zum Zeichen, selber einen gewissen sozialen Status erreicht zu haben. Das Interesse der Gäste aus China gilt eher den urbanen Phänomenen, der Art, wie in Europa Alltag organisiert wird und der Kultur und Geschichte. Zu den beliebtesten Ziele gehört neben Luzern die Stadt Genf. Sie steht symbolisch für eine kosmopolitische, urbane Schweiz mit Sitz verschiedener internationaler Organisationen wie die UNO und das Rote Kreuz. Die Faszination für Technik und Wissenschaft ist gross. Besonderes Interesse gilt den Orten, die mit bekannten Persönlichkeiten aus Forschung und Politik zusammenhängen, wo etwa Intellektuelle gelebt und gearbeitet haben. Historische Orte und Monumente faszinieren nicht so sehr als pitoreske Motive, vielmehr weil sie als Symbole einer kontinuierlichen Geschichte Vergleiche mit der eigenen kulturellen Vergangenheit zulassen. Es ist geplant, die Erkenntnisse aus dem Projekt in eine Ausstellung zum Bild der Schweiz im Kontext von Globalisierung und Transnationalisierung einfliessen zu lassen. “Und plötzlich China!” ist ein von KTI gefördertes Forschungsprojekt. Mitfinanzierungspartner waren Schweiz Tourismus, St.Moritz Tourismus, Zermatt Tourismus, Titlis Rotair AG, Verkehrshaus der Schweiz Luzern und SRG SSR idée suisse. Projektleitung: Peter Spillmann (ith). Forschungsteam: Flavia Caviezel (wissenschaftliche Mitarbeiterin), Angela Sanders, Nika Spalinger, Marion von Osten, Michael Zinganel (MitarbeiterInnen Fallstudien), Diana Wyder, Silvia Osterwalder (Mitarbeiterinnen Recherche), Kristina Eschler (Mitarbeiterin d2c), Nicole Burgmeister (Transkriptionen und Interviewauswertung), Tatsuto Suzuki (Assistenz Fallstudie Zermatt). Forschungspartner: Ruedi Baur (d2c), Pietro Beritelli (IDT HSG). Siehe auch: > Der Glamour von St.Moritz (Text) |
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