/ project summary / exhibition tour / research / theory / practice
/ impressum
text before / back to text archive / next text

Kollektive Instandhaltung
Ein performativer Vortrag von Faith Wilding


Dia-Projektion: „Old Maid", Skulptur von Nancy Youdelman

1. Unsichtbar

Performerin (steht im Hausmädchenkostüm mit Schürze auf der Bühne): Hallo. Ich bin Ihre Hostess, Ihre Kellnerin, Ihre Ehefrau, Ihre Systemadministratorin, Ihre Stenotypistin, Ihre Elektronikmonteurin, Ihre Knowledge-Workerin, Ihre Content-Providerin, Ihre Bedienstete, Ihre Putzfrau, Ihre Mutter.

Geschichte: Am Anfang des 20. Jahrhunderts, als ein Drittel aller Frauen zwischen fünfzehn und zwanzig Jahre als Bedienstete in Haushalten der Mittel- und Oberschicht arbeiteten, trat meine englische Großmutter ihren „Dienst" als Hausmädchen an. Am Anfang des 21. Jahrhunderts sind die Dienstleistungsindustrien, einschließlich der elektronischen Erfassung und Bearbeitung von Daten und der Herstellung und Montage elektronischer Bauteile, die wachstumsstärksten Wirtschaftssektoren in den Vereinigten Staaten und im Rest der Welt.

Diaprojektion: Weibliche Wartungskräfte in Singapur, 2001 (Margaret Tan)

Performerin: Die Dias, die Sie hier sehen, zeigen Dienstleisterinnen in Singapur, einem High-Tech-Land, in dem Frauen 30 Prozent weniger Lohn erhalten als Männer in vergleichbaren Jobs und in dem Frauen 75 Prozent aller Mitarbeiter/innen in Familienbetrieben ausmachen - wo sie ohne reguläres Einkommen arbeiten. Diese Bilder stammen von Margaret Tan, einer begabten jungen Performance- und Installationskünstlerin in Singapur, die auf Teilzeitbasis in einer Kunstschule arbeitet und darüber hinaus in einem Familienbetrieb Wohnungen renoviert.

Diaprojektion: Frauen in einer Telefonzentrale der Bell Corporation, Schreibmaschinen und Computer, 1930-1950.

Performerin: Auf diesen Dias sehen Sie Telekommunikationsarbeiterinnen in den USA; es handelt sich um Bilder aus den dreißiger oder vierziger Jahren. Weibliche Körper sind produktive, nicht sichtbare Knotenpunkte in einem hochkomplexen Netzwerk von Kommunikationen und sozialen Beziehungen - Beziehungen zwischen Körpern, Sozialitäten, Politiken, Räumen und Technologien. Zur Zeit verbringen in den USA Frauen, die außer Haus arbeiten, pro Jahr ungefähr einen Monat mehr als ihre männlichen Partner mit Hausarbeit. Hausarbeit ist eine grundlegende menschliche Tätigkeit. Wer hat schon die Möglichkeit, sich an dieser Arbeit nicht zu beteiligen? Was würde passieren, wenn Frauen sich weigerten, unbezahlte Hausarbeit zu leisten?

Diaprojektion: Weibliche Angestellte von Firmen, die nach der jährlichen Statistik des Wirtschaftsmagazins Fortune zu den fünfhundert führenden Unternehmen in den Vereinigten Staaten gehören. Illustration aus dem US News and World Report of the Household of the Future, 1998.

Performerin: Just-in-time-Konzepte, Just-in-time-Produktion, Just-in-time-Lieferung, Just-in-time-Montage, Just-in-time-Reinigung, Just-in-time-Mahlzeiten, Just-in-time-Kinderbetreuung, Just-in-time-Quality-time, Just-in-time-Sex, Just-in-time-Vergnügen, Just-in-time-Schmerz, Just-in-time-Stress, Just-in-time-Wahnsinn, Just-in-time-Selbstaufopferung, Just-in-time-Medikation, Just-in-time-Tod.


2. Sichtbar

Diaprojektion: „Cyborg Mommy", Patti La Belle Hastings, 2001.

Performerin (holt einen Vibrator aus der Tasche und beginnt, ihn zusammen zu setzen und wieder auseinander zu nehmen): „Arbeit kann man nicht repräsentieren, man kann sie nur vorführen."

Geschichte: Ich bin eine weiße englischstämmige Frau, die in Paraguay in einer ländlichen Gemeinde mit europäischen Flüchtlingen geboren wurde und aufgewachsen ist. Wir haben am Existenzminimum gelebt und Nahrung, Kleidung und Obdach und andere Dinge des täglichen Grundbedarfs selbst hergestellt. Später ist meine Familie in die USA ausgewandert. Ich habe mir mit Jobs in der Cafeteria und in der Kirchengemeinde meine Schul- und Universitätsausbildung finanziert. Nach meinem Abschluss habe ich als Kunsterzieherin in Colleges und Universitäten gearbeitet, während ich gleichzeitig selbst als Künstlerin und in Gruppen mit anderen feministischen Künstler/innen und Aktivist/innen tätig war. Was verbindet mein Leben mit den Leben von Elektronikmonteurinnen in Malaysia, Tennessee, Mexiko, China, Südamerika oder Indien? Wie können wir über die Räume und Differenzen sprechen, die zwischen uns im globalen Kreislauf der Waren bestehen? Mir ist bewusst, dass jeder elektronische Konsumartikel in meinem Haushalt - Computer, Toaster, Fernseher, CD-Player oder Staubsauger - Geschichte und Politik der Arbeit und der Zeit verdinglicht, die zur Herstellung dieser Gegenstände notwendig waren.

(Performerin hält den Vibrator hoch.)

Nehmen Sie zum Beispiel diesen Vibrator hier. Ich habe ihn in Eve's Garden, einem Sexshop in New York City gekauft. Mit Zubehör hat er ungefähr 50 Dollars gekostet. Dieser Vibrator wurde in China unter Sweatshop-Bedingungen (Stundenlohn 50 Cents) von jungen asiatischen Frauen hergestellt, den derzeit weltweit gesuchtesten Arbeitskräften. Vibratoren wurden in den USA in der Frauenbewegung der siebziger Jahre populär, als viele Frauen offen mit ihrer Sexualität umzugehen begannen. In feministischen Workshops diskutierten sie über weibliches Begehren, Orgasmus und Masturbation und tauschten Wissen über Wege zu sexueller Lust aus. Ich habe dieses Gerät als Instrument selbstbestimmten Vergnügens und für das sexuelle Spiel mit anderen gekauft. Ich verbinde damit die Vorstellung meiner Freiheit, meinen eigenen Körper nach meinen Wünschen zu genießen.

(Performerin schaltet den Vibrator ein und sorgt dafür, dass er lauter wird.)

Die Frauen, die diesen Vibrator hergestellt haben, können ihn sich selbst nicht leisten. Dieses Lustinstrument wurde unter den ausbeuterischen Bedingungen eines fortwährend gesteigerten Arbeitstempos und in repetitiver, monotoner Arbeit produziert. Wahrscheinlich wusste die Frau, die diesen Gegenstand zusammengesetzt hat, gar nicht, was genau sie da herstellte oder für wen, denn sie verrichtete nur eine kleine Teilarbeit innerhalb eines größeren Montageablaufs. Ihre Arbeit war entfremdet und fragmentiert, sie verschaffte ihr kein Vergnügen und keine Zufriedenheit, sondern sicherte das Überleben. Doch ihr Job in der Montage elektronischer Bauteile verbindet sie mit dem globalen ökonomischen Gesamtkreislauf. Für sie mag er sogar einen großen Schritt zu eigenem ökonomischem Fortkommen und persönlicher Unabhängigkeit bedeuten - auch wenn der Trend hin zu einem globalen Arbeitsmarkt geht, an dem es weniger Chancen und mehr Wettbewerb geben wird. Ironischerweise „ materialisiert sich in diesem privatem Lustinstrument die schizophrenen und hysterischen Aspekte seiner Herstellung, seines Vertriebs und seines Gebrauchs - dieses Objekt setzt ebenso mich wie auch die chinesischen Frauen voraus, die es innerhalb jenes nach Geschlecht und „Rasse" geordneten marktwirtschaftlichen Kapitalismus produziert haben, der unseren Lebensunterhalt, unsere Subjektivitäten, unsere Leben so stark prägt.

(Videoclip der Performance „Waiting" von Faith Wilding. Zeitangabe und Ort der Performance fehlt noch)

Performerin: Ich befinde mich in der glücklichen Lage, einen Job zu haben, der mich ernährt, bei dem ich krankenversichert bin und Renteansprüche erwerbe. Trotzdem ist auch meine Existenz als weibliche, nicht auf Lebenszeit angestellte College-Lehrkraft mittleren Alters prekär und hängt von vielen Unwägbarkeiten ab. Ich bin ökonomisch nicht abgesichert, kann mir aber, wie Sie sehen, trotzdem Vergnügungen und Überfluss leisten. Meine Arbeit ist zwar interessant und wird passabel bezahlt, nimmt aber auf der anderen Seite auch viel Zeit in Anspruch, bedeutet häufig Stress und hält mich von meiner selbst gewählten Arbeit - meiner (unbezahlten) künstlerischen Arbeit - ab, die ich neben meiner bezahlten Arbeit unterbringen muss. Auch die Lehrtätigkeit am College ist gemäß kapitalistischen Produktions- und Reproduktionsverhältnissen organisiert: Das System der Kunsterziehung steht in engem Zusammenhang mit der Produktionen von „knowledge workers" und ausbeutbaren Kreativkräften für den technokulturellen Konsummarkt.

Diaprojektion: „Maintenance and Duration"-Performances (Womanhouse und Mierle Ukeles Laderman, 1970er Jahre).


3. Instandhaltung : Selbst, Familie, Gemeinschaft

Performerin gibt als fortlaufenden Text in einen Computer ein:

Putzen, waschen, abstauben, wringen, bügeln, wischen, kochen, einkaufen, telefonieren, fahren, putzen, bügeln, eingeben, mischen, fahren, löschen, putzen, reinigen, waschen, verbinden, bearbeiten, einkaufen, falten, telefonieren, abheften, auswählen, kopieren, fluchen, schneiden, wischen, einsetzen, einfügen, formatieren, bügeln, programmieren, tippen, zusammensetzen, kochen, e-mailen, faxen, weinen, weiterleiten, sortieren, tippen, klicken, abstauben, gehen ...

Performerin (spricht bei der Texteingabe):
Ich bin die Total-Quality-Frau. Ich bin die kulturell vernetzte, downgesizete, outgesourcete, telegearbeitete, entskillte, taylorisierte Mama, just-in-time, take-out, zeitsparend, zeithungrig, emotional downgesizet, vollkommen erschöpft ...
Mein Zuhause ist meine Arbeit, meine Arbeit ist mein Zuhause (Wiederholen)
Ich arbeite mit Maschinen, ich lebe mit Maschinen, ich liebe mit Maschinen;
Computer, Modem, Fernsehen, Videorecorder, Drucker, Scanner, Kühlschrank, Waschmaschine, Wäschetrockner, Staubsauger, Telefone, Faxgerät, Autos, Haartrockner, Vibrator, CD-Player, Radio, Bleistiftanspitzer, Rührstab, Mixer, Toaster, Mikrowellenherd, Handy, Cassettenrecorder.

(Performerin nimmt eine Häkelarbeit auf.)

Die feministischen „Maintenance and Duration"-Performances der Siebziger wurden aufgeführt, um weibliche Hausarbeit sichtbar und auf Arbeitsbedingungen, geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, unbezahlte Reproduktionsarbeit und die Tätigkeiten im Rahmen der Hausarbeit und allgemein im Leben von Frauen aufmerksam zu machen. „Feminisierte" Instandhaltungsarbeit ist für das Funktionieren der Weltwirtschaft unverzichtbar; bei vielen verursacht sie allerdings ernsthafte gesundheitliche Schäden, führt zu Bewusstseinspaltungen und oft auch unfreiwilliger Cyborgifizierung.1


4. Instandhaltung: Kollektivität und Widerstand

(Performerin spricht und schreibt dabei auf ein großes Poster.)

Performerin: Seit drei Jahren arbeite ich jetzt mit subRosa, einem 1998 gegründeten cyberfeministischen Kollektiv von Kulturproduzentinnen zusammen. Viele Schwierigkeiten unserer Zusammenarbeit gehen darauf zurück, dass wir alle berufstätige Frauen mit anspruchsvollen Jobs, Familien und/oder Privatleben sind und außerdem noch versuchen, Kunst zu produzieren und regelmäßig zu präsentieren. Um in der derzeitigen US-amerikanischen Wirtschaftskultur der Mittel- bzw. Arbeiterklasse weiter relativ bescheiden und zufrieden leben zu können, sind wir zu Dreifachschichten gezwungen. Das führt dazu, dass wir alle ständig unter großem Zeitdruck stehen. Kollektive Arbeit sorgt für Sozialität und verteilt den Arbeitsaufwand, so dass die Belastung für jede Einzelne geringer wird. Allerdings schafft sie auch wieder neuen Stress, denn wir sind alle sehr unterschiedlich und verwenden eine Menge Zeit und Energie darauf, den Karriereanforderungen unserer Kreativberufe zu entsprechen und unseren Prozess in Gang zu halten. Die soziale Form unserer Kollektivität entwickelt sich, indem wir unseren Differenzen und Konflikten eine Form geben und sie zu einem Teil des Inhalts unserer Arbeit machen - genauso natürlich durch das gemeinsame Leben und Arbeiten.

Als Cyberfeministinnen, die politisch und kulturell in der digitalen Welt arbeiten, fühlen wir uns einer netzwerkförmig organisierten und affektvollen Praxis verbunden. Doch wie kann eine solche Praxis unter den derzeit weltweit vorherrschenden ausbeuterischen Arbeitsbedingungen aufrechterhalten werden? Welche Widerstandsformen können wir aufbieten? Und welche Rolle spielen Geschlecht und Hautfarbe in diesen politischen Strategien? Die utopischen Versprechungen flexibler, kreativer, selbstständiger und „künstlerischer" Lebensstile, die durch digitale Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglicht werden, müssen einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Die Kombination aus „entgrenzter" Arbeit und Sozialität, die oft zu den Anforderungen kreativer „Wissensarbeit" zählt, stellt ein flexibleres und angenehmeres Leben durch die Aufhebung der Trennung zwischen Arbeit und Leben in Aussicht. Für die meisten Arbeitenden bedeutet das schlicht und einfach, dass sie immer arbeiten - ganz wie Hausfrauen oder Mütter, die zugleich Heimarbeit bzw. Telearbeit verrichten oder zusätzlich einem Job außer Hause nachgehen. Selbstbestimmte oder autonom zu regelnde Zeit ist für die meisten Arbeitenden ein Fremdwort. Arbeit wird zum Konsum - zum Konsum von Zeit, Kreativität, Energie, elektrischem Strom, High-Tech-Maschinerie, Sozialität und Libido.

Performerin: Privatisierungslösungen, die von einer wettbewerbsorientierten Marktkultur diktiert sind, funktionieren nicht zu unserem Vorteil - das tun sie schon eine ganze Weile nicht, aber wir waren viel zu eingespannt, um das überhaupt noch zu bemerken. Die eigene Instandhaltung übertragen wir für gewöhnlich anderen, die dafür bezahlt werden, oder wir vernachlässigen sie. Ich kenne bemerkenswert viele Frauen, die unter seltsamen Krankheiten leiden, die offensichtlich auf Stress beruhen. So genannte „Repetitive Strain Injuries" - Verletzungen durch wiederholte Belastung bei Bildschirm- oder Fließbandarbeit -, Kopfschmerzen, Überanstrengung der Augen und andere Gesundheitsprobleme von Fabrikarbeiter/innen, Arbeiter/innen in Schlachthöfen oder in der Elektronikfertigung Tätigen sind inzwischen gut dokumentiert, doch wird wenig unternommen, um diese Probleme systematisch anzugehen. In unseren Leben ist wenig Raum oder Energie geblieben, um dieser Auszehrung unserer selbst und eines erfreulichen Arbeits- und Gesellschaftslebens Widerstand entgegen zu bringen. Der körperliche, emotionale und psychische Zusammenbruch bildet das schwächste Glied in der hier beschriebenen Kette und sollte deshalb Ausgangspunkt unseres Widerstands sein. In diesem Sinne widmen wir dieses Manifest der Kollektivität und den Netzwerken der Liebe, der Freundschaft und der Solidarität, die uns überleben lässt und aufrecht erhält.

(Performerin hält das Poster hoch und liest vor:)

subRosa Manifesto toward (less) Work and more P(l)ay!2

a) Die Reproduktion und Erziehung von Kindern, Hausarbeit, Dienstleistungen und Altenpflege sowie die Aufrechterhaltung des alltäglichen Lebens sind notwendige Bedingungen allen Lebens und aller Institutionen. Ein bestimmter Teil des Arbeitstages muss für diese Art Arbeit freigehalten werden, die nach Maßgabe ihrer jeweiligen Fähigkeiten von allen geleistet wird und mit einem garantierten jährlichen Mindesteinkommen in angemessener Höhe entgolten wird.
b) Kulturelle Arbeit, kritische künstlerische Tätigkeit, Gemeinschafts- und Sozialarbeit sind als produktive Form der Arbeit anzusehen, die notwendig für eine schöpferische Gesellschaft und ein zufrieden stellendes Leben ist. Allen, die dies wünschen, sollte diese Arbeit zugänglich sein und ebenfalls mit einem garantierten jährlichen Mindesteinkommen vergütet werden.
c) Um eine gerechtere Verteilung der Ressourcen zu garantieren, müssen wir unabhängig von bezahlten Tätigkeiten für das Prinzip des Grundeinkommens und für mehr Nichtarbeitszeit für alle kämpfen. In einer rücksichtslos in Schichten geteilten Weltwirtschaft der Überproduktion und ungleichen Verteilung des Reichtums muss unsere Ideologie eine nicht-produktivistische sein, die auf eingeschränkten Konsum setzt. Es können selbst organisierte Arbeitssysteme nach Rotations- oder Reserveprinzipien aufgebaut werden, durch die verfügbare Arbeit unter vielen Arbeitenden aufteilbar wird, statt einige von ihnen für überflüssig zu erklären und zur Armut zu verurteilen.
d) Wir müssen für die Wiedergewinnung der Kontrolle über unsere eigene Zeit kämpfen. Der Widerstand gegen Beschleunigung und Arbeitsverdichtung kann zum Beispiel die Form von Verlangsamungsaktionen, Krankmeldungen oder Sabotage annehmen. Doch werden auch grundsätzlichere Maßnahmen notwendig sein. Der gesamte Arbeitsbegriff und alles was sich mit ihm verbindet, muss neu formuliert werden, so dass in ihm die notwendige Zeit mit bedacht ist, die zur Aufrechterhaltung von Leben, Gesundheit, Kreativität und Sozialität benötigt wird. Der Kampf um kürzere und flexiblere Arbeitstage, -wochen und -jahre muss zu den Bedingungen der oben skizzierten feministischen Arbeitsethik neu geführt werden. Wir erklären uns mit allen Arbeitenden im globalen Gesamtkreislauf solidarisch und vereinigen uns mit ihnen im Kampf gegen die schrecklichen und unerträglichen Arbeitsbedingungen weltweit. Wir fordern gleiche Freizeit für alle.
e) Es muss eine Ökologie der Fähigkeiten und Kenntnisse entwickelt werden. Welche Fähigkeiten müssen erhalten werden, und wie können wir die Menschen, die sie praktizieren, unterstützen, ohne sie zu essentialisieren oder zu kolonisieren? Der Siegeszug der „kreativen Wissensarbeit" und die Entwertung vieler traditionell entwickelter Fähigkeiten schafft eine Trennung zwischen immaterieller und manueller bzw. materieller Arbeit. Wir müssen Solidarität zwischen den verschiedenen Arten von Arbeitenden herstellen und für die Abschaffung privilegierender Kategorien sorgen.
f) Der Einsatz für die weltweite Entstehung autonomer Arbeiterbewegungen wird von all jenen kommen, die sich durch die augenblicklichen Verhältnisse unterdrückt sehen (und da kommen eine ganze Menge Leute zusammen!) Wir werden uns mit ihnen in Koalitionen und kollektiven Aktionen zusammenschließen. Die Verwirklichung eines Feminismus der Differenz, des Zusammenlebens und der Einfühlung kann Katalysator solcher Bewegungen sein.



Fussnoten

1 „To be feminized means to be made extremely vulnerable; able to be disassembled, reassembled, exploited as a reserve labor force; seen less as workers than as servers; subjected to time arrangements on and off the paid job that make a mockery of a limited work day; leading an existence that always borders on being obscene, out of place, and reducible to sex." Donna Haraway, „A Cyborg Manifesto," Simians, Cyborgs, and Women, New York: Routledge 1996, p. 166. *** deutsche Übersetzung??? ***

2 Hier habe ich Anregungen erhalten von: William DiFazio, „Technoscience and the Labor Process", in: Stanley Aronowitz u.a. (Hg.), Technoscience and Cyberculture, Routledge: New York 1996, S. 195.


top
10/2003 - Labor k3000