Sex & Space II Programmübersicht Texte zu den Projekten Einführung Bereits 1973 argumentierte David Harvey in seinem Buch "Social Justice in the City", daß ein Reden über Raum und Gesellschaft als voneinander getrennte Kategorien von falschen Voraussetzungen ausgehen würde. Für Harvey und in der Folge anderen StadtsoziologInnen ist die räumliche Ordnung ein Produkt gesellschaftlicher Handlungen, Konventionen, Denk- und Machtstrukturen. Darüber hinaus wird in der räumlichen Ordnung - in der Architektur, in der Stadt und in der Konstruktion von Öffentlichkeit und Privatheit - der soziale Status einer Person mitverhandelt. Gleichzeitig werden die Bedingungen vorgegeben, in der gesellschaftliche Werte praktiziert werden und sich abbilden. Diese Thesen wurden in den 90er Jahren u.a. von der Stadtsoziologin Saskia Sassen auf die Fragestellung erweitert, welche zentrale Funktion den räumlichen und sozialen Strukturen sogenannter Metropolen im aktuellen ökonomischen Umbau zukommt (Sassen 1991, The Global City ). Es ist zu beobachten, daß sich in den urbanen Zentren hegemoniale gesellschaftliche Ansprüche einer weißen Dienstleistungselite herausbilden, deren Zugänge nicht mehr nur mittels Staatsgrenzen und Kontrollen zu regeln versucht werden, sondern durch einen massiven Sicherheitsdiskurs sowie einer fortlaufenden Privatisierung und Kommerzialisierung innerstädtischer Räume ( InnenstadtAktionen 1997, Zeitungsbeilage). In der Kritik dieser Phänomene wird allerdings oftmals vernachläßigt, daß die bipolare Ordnung von öffentlich / privat bereits Ausdruck einer bestehenden Machtstruktur ist, die in ihrer traditionellen Verhandlung immer schon nur bestimmten Bevölkerungsgruppen Handlungsoptionen und ein "Repräsentiert-sein" ermöglichte. Im aktuellen Prozeß des postfordistischen Umbaus werden somit auch neue Konfliktlinien entlang der Grenzen von Geschlecht und Rasse erzeugt. Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen, die in den westlichen Metropolen für Billigst-Löhne ohne rechtlichen Status arbeiten sind ebenso Teil dieser Entwicklungen, wie die an "geschlechtsspezifische Eigenschaften " gekoppelten neuen Arbeitsmodelle. So werden derzeit über die Hypes der neuen Kommunikationstechnologien traditionelle Rollenbilder in der Konstruktion von »Home-Offices« und »Smart Houses« wieder attraktiv gemacht und »Frau« - nicht nur in der entsprechenden Werbung - als Modernisiererin zum ökonomischen Faktor erklärt. Als KünstlerInnen haben wir insofern mit dem gesellschaftlichen Umbau zu tun, als daß gerade über die Diskurse des Raums auch mittels Kunst und Kultur Leitbilder kreiert werden, die der eigenen Lebenspraxis - einer feministischen wie kritisch-künstlerischen Perspektive - entgegenstehen oder sie mißbrauchen. Für die im Projekt "Sex & Space" in der Shedhalle Zürich 1996 beteiligten KünstlerInnen und TheoretikerInnen bildeten diese Thesen die Grundlage um städtische, architektonische und ökonomische Diskurse und Realitäten als Repräsentationssysteme, als Ein- und Ausschlußpraxen zu verstehen und auf ihre geschlechtsspezifischen Zuschreibungen hin zu untersuchen. (Sex & Space 1996, Plakat/Fanzine )Ein Schwerpunkt der gegenwärtigen Praxis liegt weiter darin, die gängige Vorstellung von öffentlich / privat und ihrer traditionellen Verhandlung als männlich / weiblich auf ihre Bedingungen und - durch die eigene kulturelle Arbeit - auf ihr Veränderungspotential hin zu befragen. Sozialräumliche Polarisierungen, ethnische und geschlechtsspezifische Segregation werden daher im Projekt nicht einfach als Effekte sogenannter neoliberaler Politik gelesen, sondern als Teil kultureller Praxen innerhalb der Logik westlicher, weißer und heterosexueller Wertesysteme, in denen wir selbst jeweils handelnde AkteurInnen sind. Für SEX &SPACE II werden gemeinsam mit vor Ort engagierten Personen die Themenfelder weiterbearbeitet und neue Fragestellungen aufgeworfen. An zwei Veranstaltungswochenenden mit jeweils unterschiedlichem Focus werden mit Workshops, Filmprogrammen und Vorträgen die Diskussionen öffentlich fortgesetzt. Die parallel dazu laufende Ausstellung will zum Einen einen Einblick in die Themenfelder geben und stellt zum Anderen Arbeiten von KünstlerInnen vor, die zum Thema gearbeitet haben, sowie die vor Ort ansässigen feministischen und anti-rassistischen Initiativen und Projekte. Hintergrundinformationen zu den Veranstaltungen sind via Internet abrufbar und liegen in der Ausstellung auf. Eine begleitende Zeitschrift zum Projekt ist neben Videos und Publikationen im Forum Stadtpark erhältlich. M.v.O. 1997 Wir danken für ihre Unterstützung, Mitarbeit oder Anregung: dem Büro der Frauenbeauftragten der Stadt Graz, den Projekten Danaida, Doku, Frauenberatungsstelle, Frauenhaus, Interventionsstelle, Mafalda, M.U.T. und Zebra sowie dem Institut für Wohnbau und Gebäudelehre an der TU Graz, A-Clip (Berlin), Simone Batschelet, Ursula Biemann (Zürich), Common?Spaces Common?Concerns (Berlin), Lukas Duwenhögger, Dominick Eichler, Julian Goethe (Berlin), Tina Eberhart (Graz), FrauenLobbyStädtebau (Zürich), FrischmacherInnen (Köln), Hermi Grabner (Graz), Andreas Hofer (Zürich), den Innenstadt AGs (Berlin, Bern, Frankfurt, Köln, Zürich), Anke Kempkes, Renate Lorenz (Berlin), Mascha Madörin (Basel), Gerold Muhr (Graz), Olympe, feministische Arbeitshefte zur Politik (Zürich), Susanne Sauter (Hamburg), Johanna Schaffer (Wien), Pia Siegrist (Zürich), Peter Spillmann (Zürich), Nicole Stolz (Bern), Josef Strau (Berlin), Uli Taberhofer (Graz), Barabara Zibell (Hannover) Konzeption / Organisation: Marion von Osten , Michael Zinganel Lokale Organisation / Technik: Bernhard Wolf |